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Hommage

Partnerin auf Augenhöhe: Die Schnittmeisterin Evelyn Carow

Zum vierten Mal richtet die Hommage von Film+ das Augenmerk auf die Bedeutung der Montage für die deutsche Filmgeschichte und würdigt das Lebenswerk einer Editorin, deren Werk prägend war für die deutsche Kinematographie. Nach Klaus Dudenhöfer, Brigitte Kirsche und Thea Eymèsz, deren Wirken in den vergangenen Jahren im Fokus der Film+-Hommage stand, gilt in diesem Jahr die mit einer Ehrung durch den BFS – Bundesverband Filmschnitt verbundene Film-Reihe dem reichhaltigen Œuvre von Evelyn Carow.

Evelyn Carow prägte als Schnittmeisterin von über 50 oft weit über die DDR-Grenzen hinaus beachteten DEFA-Filmen die ostdeutsche Filmgeschichte wie wenige sonst. In oft langjährigen Arbeitspartnerschaften entstanden im Schneideraum in Auseinandersetzung mit so unterschiedlichen Regiegrößen wie Konrad Wolf, Frank Beyer, Gerhard Klein und ihrem Ehemann Heiner Carow, dessen Filme sie seit 1955 ausnahmslos schnitt, die wahren Publikumslieblinge des DDR-Kinos: „Die Legende von Paul und Paula“ ebenso wie „Spur der Steine“, „Berlin – Ecke Schönhauser“ oder „Solo Sunny".

Besonders die jüngere deutsche Geschichte und deren filmische Verarbeitung war Evelyn Carow immer ein besonderes Anliegen, ihre einfühlsame aber auch mutige Montage unterstützte sowohl Konrad Wolfs wohl persönlichstes Werk "Ich war neunzehn" wie auch den Film, in dem Heiner Carow seine Vergangenheit in der Hitlerjugend verarbeitet, "Die Russen kommen". Dieser Film hat nach seiner Fertigstellung eine besondere Geschichte durchlaufen müssen und konnte allein aufgrund des jahrelangen Bemühens der Editorin 1988, zwanzig Jahre nach Drehschluß, uraufgeführt werden. "Die Russen kommen" wird im Rahmen der Film+-Hommage in einer Matinée-Vorstellung gezeigt; in einem anschließenden, von Ralf Schenk moderierten Filmgespräch gibt es Gelegenheit, sich über die Montage des Films und seinen besonderen persönlichen Stellenwert mit Evelyn Carow auszutauschen.

Die Regisseure, deren Werk Evelyn Carow mitgestaltete, unterscheiden sich oft stark in Stil, Atmosphäre und bevorzugten Genres – sie alle haben aber in ihrer Schnittmeisterin eine Partnerin auf Augenhöhe geschätzt, deren Montage sich flexibel und vielseitig auf die jeweiligen Sujets einstellen konnte, die aber auch im Dialog ihre eigenen Akzente zu setzen und kreative Spielräume bereichernd zu nutzen verstand: "Im Russischen heißt es Montage, im Deutschen Schnitt. Ihr Schnitt hat mir nie weh getan", charakterisierte Konrad Wolf das Zusammenspiel mit seiner Stammeditorin.

Im Fokus des Interesses zu stehen, ist ungewohnt für Editoren, und auch Evelyn Carow zögerte zunächst, sich derart exponiert in die Öffentlichkeit zu begeben. Umso mehr freut es uns, daß sie nach dem Besuch von Film+ im letzten Jahr nun doch Lust bekommen hat, eine eigene Hommage-Reihe mit Gesprächen über ihr umfangreiches Werk und Wirken zu bereichern.

Filmprogramm

In Anwesenheit von Evelyn Carow zeigt die Hommage von Film+ am 26. bis 28. November 2005 folgende Filme: